|
 |
|
|
Geschichtliches, Landgrafen: Friedrich Wilhelm I., Kurfürst von Hessen-Kassel |
|
Am 21. August 1802 wird Prinz Friedrich Wilhelm in Hanau als Sohn von Erbprinz
Wilhelm II. und Auguste, Tochter von König Friedrich Wilhelm II. von Preußen,
geboren.
Im Oktober 1806 flieht Auguste mit Friedrich Wilhelm vor den heranrückenden
Franzosen von Hanau nach Berlin. Erbprinz Wilhelm bleibt mit seinem Vater bis
zum 1. November in Kassel. Danach ziehen sie sich nach Holstein zurück. Auguste
bewohnt mit Tochter und Sohn als letzte verbliebene Hohenzollerin in Berlin das
Schlößßchen Schönhausen.
Auguste zieht 1813 nach der Niederlage der Franzosen mit den Kindern in das Rote
Palais am Königsplatz. Kurfürst Wilhelm I. übernimmt 1815 nach der Trennung der
Eltern die alleinige Erziehung des Prinzen. Am 1. Dezember geht Prinz Friedrich
für 5 Jahre nach Leipzig in die Schar der akademischen Bürger. Am 22. April 1819
wird er in Kassel konfirmiert. Im Herbst 1820 kommt er nach Kassel zurück. Im
November wird Wilhelm Grimm, der Sekretär der fürstlichen Bibliothek,
beauftragt, den Unterricht fortzusetzen, da der Kurfürst mit der Ausbildung des
Prinzen nicht zufrieden ist.
Am 27. Februar 1821 stirbt der Kurfürst, sein Sohn Wilhelm II. übernimmt die
Regentschaft und Friedrich Wilhelm wird Kurprinz. 1823 wird Friedrich Wilhelm
von seinem Vater nach Marburg versetzt. Am 28. Jui 1824 wird er zum Oberst und
Chef des 1. Infantrie-Regiments ernannt und muss am 21. Januar 1826 nach Kassel
zurückkehren, da ihm der Vater "allzugroßen Aufwand" vorwirft.
Als im Januar 1831 Emilie Ortlöpp durch einen Tumult aus Kassel vertrieben
worden und Wilhelm II. ihr nach Hanau gefolgt war, übertrug dieser Friedrich
Wilhelm I. am 30. Sept. 1831 die Regentschaft.
Durch manche Einschränkungen im Hofhaushalt und andere zweckmäßige Maßnahmen war
Friedrich Wilhelm eine Zeit lang populär.
Seine Ehe mit Gertrud Falkenstein, der geschiedenen Frau eines preußischen
Leutnants, die er 1831 zur Gräfin von Schaumburg und 1833 zur Fürstin von Stanau
ernannte, führte zu Unruhen, da die seit 1831 nach Kassel zurückgekehrte
Kurfürstin (seine Mutter) diese Verbindung nicht anerkennen wollte.
Friedrich Wilhelm versuchte unter dem Einfluß seines Innenminsters Hassenpflug
die Verfassung außer Kraft zu setzen und die Rechte der Stände zu beschneiden.
Die rücksichtslose Vorgehensweise von Hassenpflug führte 1937 zu dessen
Entlassung.
Nachdem Friedrich Wilhelm, nach dem Tod seines Vaters (20. Nov. 1847) Kurfürst
geworden, einen Versuch gemacht hatte, die Verfassung vollständig außer Kraft zu
setzen, zwangen ihn 1848 ein Volksaufstand, den Forderungen des Volkes
nachzukommen und aus den Mitgliedernder der konstitutionellen Opposition das
Ministerium Eberhard zu bilden.
Kaum aber hatte die Reaktion wieder festen Fuß in Deutschland gefaßt, entließ
der Kurfürst am 23. Febr. 1850 das Ministerium und berief Hassenpflug erneut.
Danach wurde mit Gewaltmaßnahmen gegen das Land vorgegangen; als dieselben
keinen Erfolg hatten, ging Friedrich Wilhelm nach Bockenheim und rief den Bund
um Hilfe an, der dann auch durch Exekutionstruppen den Widerstand des Volkes
brach.
Darauf kehrte der Kurfürst 27. Dez. 1850 nach Kassel zurück. Die Verfassung von
1831 war aufgehoben und 13. April 1852 wurde eine neue verkündet, die das
Zweikammersystem vorsah. Doch dauerten die Streitigkeiten zwischen Regierung und
Ständen fort, auch noch, als der in seinen Launen unberechenbare Kurfürst 1855
sein getreues Werkzeug Hassenpflug entlassen hatte.
Trotz der Mahnungen Preußens, den Wünschen des Volkes durch Wiederherstellung
der Verfassung von 1831 nachzugeben, führte er am 30. Mai 1860 Kurhessen eine
neue Verfassung ein, die am 1. Juli in Kraft treten sollte; die Wahlen für die
Kammer kamen jedoch erst im 4. Anlauf zustande, und auch nur unter der Bedingung
der Inkraftsetzung der alten Verfassung von 1831.
Endlich glaubten Preußen und auch österreich gegen das Willkürregiment des
Kurfürsten einschreiten zu müssen.
Ein eigenhändiges Schreiben des Königs von Preußen an Friedrich Wilhelm enthielt
die Forderung der Entlassung des kurhessischen Ministeriums. Da diese verweigert
wurde, machte Preußen zwei Armeekorps kriegsbereit.
Erst jetzt fügte sich der Kurfürst dem am 24. Mai 1862 erfolgten Bundesbeschluß;
das Ministerium wurde entlassen und die Verfassung von 1831 wiederhergestellt.
Doch versuchte der eigensinnige Fürst, dem Volk nach Kräften die Freude am Sieg
zu verbittern.
1866 kommt es zum deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich, Österreich
wird in der Schlacht bei Königsgrätz in Böhmen geschlagen.
In Nikolsburg vor Wien gelingt es Bismark zu einer für Österreich akzeptablen
Friedensregelung zu kommen indem er seinen König Wilhelm I. überreden konnte,
Mäßigung zu üben. Dieser vom König als "schmählicher Frieden" bezeichnete
Vertrag verzichtete auf österreichische Gebietsabtretungen und auf einen für
österreich verletzenden Einzug preußischer Truppen in Wien.
Andererseit erhob Österreich keine Einwände gegen die Annektion der
Verbündeten Österreichs - Hannover, Kurhessen, Frankfurt und Schleswig-Holstein
- durch Preußen.
Bei den Kämpfen zwischen Preußen und Österreich stand Friedrich Wilhelm stets zu
Österreich und weigerte sich 1866 auch nach Besetzung Kassels, dem neuen
preußischen Bund beizutreten.
Da er trotzdem ruhig in seiner Residenz ausharrte, wurde er am 23. Juni als
Staatsgefangener nach Stettin gebracht. Nach dem Prager Frieden und der
definitiven Annektion Kurhessens durch Preußen wurde zwischen diesem und dem
Kurfürsten 17. Sept. 1866 in Stettin ein Vertrag abgeschlossen, in welchem der
Kurfürst, ohne jedoch auf seine Hoheitsrechte definitiv zu verzichten, gegen
eine finanzielle Abfindung seine Untertanen von den Pflichten gegen ihn entband.
Auch die Ereignisse 1870/71 erschütterten den Kurfürsten nicht in seiner
Zuversicht auf die Wiederherstellung seines Throns, und unversöhnt mit Preußen
starb er 6. Januar 1875 in Prag, nachdem er die letzten Jahre auf seinen
Besitzungen in Horzowitz in Böhmen gelebt hatte.
Er hinterließ seine Witwe, die Fürstin von Hanau, mit sechs Söhnen und drei
Töchtern, die den Titel ihrer Mutter führen und das beträchtliche Privatvermögen
erbten. Die Beisetzung erfolgte auf dem alten Kasseler Friedhof.
|
|
|
|
|